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Psychoanalyse nutzt! Gefährden Bedarfsplanungs- und Vergütungssystematik des VSG die positive Wirkung für Patientinnen und Patienten?
Psychoanalyse nutzt! Gefährden Bedarfsplanungs- und
Vergütungssystematik des VSG die positive Wirkung
für Patientinnen und
Patienten?
Presseinformation zur 62. Jahrestagung
der DGPT
GKV-Versorgungsstrukturgesetz nicht weitreichend genug
– Unterversorgung vorprogrammiert
Halle, den 23. September 2011 – Der Entwurf zum neuen
GKV-Versorgungsstrukturgesetz soll strukturell eine
Verbesserung der Versorgung von Patienten bringen, sorgt
aber für eine Unterversorgung von
psychotherapeutischen Behandlungsangeboten vor allem im
Osten Deutschlands, aber auch in ländlichen Regionen
im Westen und im Ruhrgebiet. »Die DGPT
begrüßt zwar ausdrücklich, dass der
Gesetzgeber eine strukturelle Verbesserung der
Gesundheitsversorgung mit dem neuen Entwurf zum
GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSG) in Angriff nimmt,
die Forderung ist jedoch, dass die veraltete und
inadäquate Bedarfsplanung, die seit zwölf Jahren
für die Psychotherapie besteht, aktualisiert und dem
realen Versorgungsbedarf von heute zu einem Stichtag
angepasst wird«, sagte Diplom-Psychologin Anne A.
Springer, Vorsitzende der DGPT, anlässlich der 62.
Jahrestagung der Gesellschaft in Halle/Saale.
Grundsätzlich sei die jetzige Versorgung mit
Psychotherapie unzureichend in weiten Gebieten
Deutschlands, die aufgrund einer veralteten Bedarfsplanung
nominell als ›überversorgt‹ gelten. Auch
das für Kassenärztliche Vereinigungen im Gesetz
vorgesehene Vorkaufsrecht bei geplanten Praxisweitergaben
müsse vor Ort jeweils auf den speziell für die
Psychotherapie realen Versorgungsbedarf besonders
sorgfältig geprüft werden. Dabei ist auf ein
ausreichendes Angebot für alle zugelassenen Verfahren
(Analytische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte
Psychotherapie und Verhaltenstherapie) zu achten.
»Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass insgesamt
eine Überalterung des Berufsstandes droht«, sagt
Anne A. Springer. Eigentlich müssten viele
jüngere Therapeuten nachrücken, wenn eine Praxis
aus Altersgründen aufgegeben wird, um mindestens den
jetzigen Stand zu halten und die Versorgung zu sichern.
Dieses wird aber nicht funktionieren, wenn bei angeblicher
Überversorgung in einer Region die Praxis gar nicht
erst an einen jüngeren Nachfolger übergeben
werden kann, sondern wegen eben dieser angeblichen
Überversorgung geschlossen wird. Damit ist auf Dauer
ein Notstand in der psychotherapeutischen Versorgung
vorprogrammiert.
Im vorliegenden Gesetzentwurf, so kritisiert die DGPT,
werde nicht berücksichtigt, dass durch den vielfach
nachgewiesenen erhöhten Behandlungsbedarf für
Menschen mit psychischen Erkrankungen Kostensteigerungen
unumgänglich sein werden. Begrüßenswert
sei, dass der Entwurf den Erhalt der bundeseinheitlichen
Vorgaben für die Vergütung und die
Mengensteuerung vorsehe. Die DGPT fordert, dass die
Honorarregelung weiterhin verbindlich und gesetzlich
geregelt bundeseinheitlich gestaltet wird, damit die
Versorgung gesichert ist. Ebenso soll die zukünftige
Vergütungssystematik mindestens den jetzigen Stand
halten und eine Weiterentwicklung für diagnostische
und therapeutische Leistungen systematisch
ermöglichen. Vollumfänglich tätige
Ärztliche, Psychologische und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten müssen mindestens den
gleichen Ertrag wie im fachärztlichen
Versorgungsbereich tätige Vertragsärzte erzielen
können.
Hinweise für den gestiegenen Bedarf an
psychotherapeutischer Versorgung finden sich in allen
Krankenkassenreports, z.B. im Krankenstands-Report des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK vom 16.8.2011, der
eine Verdopplung der Krankschreibungen aus psychischen
Gründen seit 1994 verzeichnet. Eine sehr hohe Anzahl
betroffener Menschen benötigt Psychotherapie für
den Fall, dass Belastungen beispielsweise am Arbeitsplatz,
durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse
oder Arbeitslosigkeit oder durch private
Überlastungssituationen krankheitswertig verarbeitet
werden. »Psychotherapie ist aber andererseits nicht
das ›Allheilmittel‹ gegen gesellschaftlich
verursachtes Unglück. Politische und gesellschaftliche
Verantwortung kann nicht durch die Anwendung von
Psychotherapie ersetzt werden. Eine gute
psychotherapeutische Versorgung muss flächendeckend
verankert sein und benötigt qualitätsgesicherte
Diagnostik und Psychotherapie mit angemessener
Honorierung!« sagte Anne A. Springer.
Dr. Felix Hoffmann - Geschäftsführer DGPT
Als Publikationen der DGPT erschienen im
Psychosozial-Verlag u.a.: