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Interview mit Tomas Plänkers
Interview mit Tomas Plänkers
Für den Tagesspiegel sprach David Ensikat mit
Tomas Plänkers über den Prozess der Abspaltung,
der sowohl das damalige DDR- als auch unser heutiges
Wirtschaftssystem stützt bzw. stützte und
überhaupt erst ermöglicht bzw.
ermöglichte.
Plänkers Worte eingangs des Interviews sind
eindrücklich und erfassen sogleich die weitreichende
und bedeutsame Problematik der Abspaltung:
»Es geht um Spaltungen, einen Begriff aus der
Psychoanalyse. Der überzeugte Mitarbeiter des
Ministeriums für Staatssicherheit rechtfertigt sein
destruktives Handwerk mit der festen Annahme, einem
bösen Feind gegenüberzustehen. Durch ein
infantiles Gut-Böse-Schema spaltet er Relativierungen
und Zweifel erfolgreich ab. Ebenso basieren viele
Vorgänge unseres Wirtschaftslebens auf Abspaltungen,
auf der radikalen Ausblendung von Grundlagen und
Konsequenzen unseres Wohlstandes etwa. Kein
Börsenhändler könnte erfolgreich mit
Lebensmittelpreisen spekulieren, wenn er das, was er da
tut, ernsthaft reflektieren würde.«
Vor allem Menschen, die dazu tendieren, politische oder
wirtschaftliche Systeme zu idealisieren, spalten diese
Systeme infrage stellende Kritikpunkte ab – und das
nicht etwa, indem sie diese gar nicht erst wahrhaben
wollen, sondern indem sie diese Punkte nicht in die
Betrachtungsweise des Systems als eben kritische Punkte
integrieren, so Plänkers: »Der Mann konnte zwar
durchaus Kritisches über die DDR sagen. Das
berührte aber seine Überzeugung, dass ›die
DDR das Kostbarste ist, was die deutsche Geschichte
hervorgebracht hat‹, in keiner Weise.«
Hinsichtlich der Parteien »Ost« und
»West« manifestierten sich
Abspaltungsmechanismen in den Betrachtungsweisen des
jeweiligen politischen Gegners. Plänkers führt
aus: »In der DDR konnte man sagen: Die Nazis sind
allesamt im Westen. Im Westen hieß es: In der DDR
herrscht eine Ein-Parteien-Diktatur wie im Dritten Reich;
projektive Externalisierungen also auf beiden
Seiten.«
Im Kapitalismus lassen sich die Mechanismen der Abspaltung
mittlerweile immer schwieriger aufrechterhalten, wie
Plänkers und Ensikat gemeinsam feststellen.
Plänkers verweist in diesem Zusammenhang unter anderem
auf die Occupy-Bewegung und den viel diskutierten
Ruf nach staatlicher Regulierung: »Die Idee, dass
Regulierung nottut, konnte man früher in den Osten
abspalten. Sie gehörte ins gegnerische System des
Sozialismus. Inzwischen ist sie wieder
aktuell.«
Das vollständige Interview können Sie auf
www.tagesspiegel.de lesen.
Von Tomas Plänkers und zu den Themengebieten
»Ost–West« sowie Ökonomie sind
über den bücherdienst psychosozial u.a.
erhältlich: